Handelskrieg zwischen Polen und der Ukraine wäre absurd
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Handelskrieg zwischen Polen und der Ukraine wäre absurd

Ein Handelskrieg mit der Ukraine wegen des Getreidestreits sei für Polen nicht notwendig. Aber Kiew sollte auch verstehen, dass die Weltpolitik ein kompliziertes Spiel der Interessen ist, und hier habe auch Warschau seine Argumente, schreibt der Chefredakteur der liberal-konservativen Rzeczpospolita. Dies wird von Upmp.news unter Bezugnahme auf „Polskie Radio“ gemeldet.

Vor allem sei der Autor etwas überrascht von den Ukrainern. Sie sollten verstehen, dass sie noch nicht in der EU sind. Die Öffnung des europäischen Marktes für ihre Produkte sei ein Privileg, lesen wir, und keine in einem Vertrag verankerte Verpflichtung Brüssels. Sie sollte geschickt genutzt werden und nicht dazu, um sich aus Nachbarn, Feinde zu machen. Nach Ansicht Chrabotas versuche die Ukraine auch, den Krieg zu einem moralischen Erpressungsmittel zu machen. Wegen ihres Kampfes gegen die Russen glaube Präsident Selenskyj, dass demokratische Länder der Ukraine alles geben sollten, was sie verlangt.

Der Chefredakteur verstehe seine Logik, denn Selenskyj habe keine andere Wahl, als aufs Ganze zu gehen. Dennoch sei die Weltpolitik ein kompliziertes Spiel der Interessen, heißt es weiter, bei dem man nicht immer das Maximum gewinnen könne. Statt einer Million in einem verschlossenen Tresor würde man manchmal mit einem „Zonk“ enden. In diesem Sinne habe Selenskyj dem Autor nach bei der UNO mit seinen gegenüber Polen beleidigenden Worten überreagiert. Seine Entscheidung, gegen das polnische Embargo Vergeltung zu üben, könnte für Kiew somit fatal enden. Es drohe eine Kettenreaktion, die die beiden Länder für lange Zeit entzweien könnte. Dies gelte umso mehr, als das ukrainische Getreide auf dem polnischen Markt tatsächlich soziale und wirtschaftliche Probleme verursachen könnte. Polen befinde sich auch in der Endphase des Wahlkampfes. Dies sei ein ideales Umfeld für eine Eskalation der Emotionen.

Polen wiederum, und die überzogenen Drohungen des polnischen Ministerpräsidenten, weitere Agrarprodukte aus der Ukraine zu blockieren, seien, wie von Chrabota angemerkt, genau eine solche Kettenreaktion. Ukraine Denken sei so sehr der Wahlkampflogik untergeordnet, dass er bereit sei, die polnischen Vergeltungsmaßnahmen zu eskalieren. Dies könnte für die Beziehungen zu den europäischen oder amerikanischen Partner schädlich sein und dem Ansehen Polens schaden, fährt der Autor fort.

Geht es nach Chrabota, mache der Streit auch deshalb nicht den geringsten Sinn, weil das polnische Embargo dem europäischen Recht widerspreche und zu einem weiteren Konflikt mit Brüssel führen könnte. Und das sei das Letzte, was Polen heute brauche, lautet das Fazit des Chefredakteurs der Rz.

Dziennik: Anti-ukrainische Wende bedeutet Untergang der Ostpolitik der Regierung

Die anti-ukrainische Wende der Regierung der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) sei für jeden, der die polnische Politik verfolgt, mit bloßem Auge erkennbar, schreibt indes das Online-Blatt Dziennik. Der Vorwand für die Konfrontation zwischen Warschau und Kiew war das Embargo gegen ukrainisches Getreide und die daraus resultierende Klage der ukrainischen Seite gegen Polen bei der Welthandelsorganisation (WTO). Polens Premierminister habe noch Öl ins Feuer gegossen, heißt es, indem er sagte, dass „wir nicht länger Rüstungsgüter an die Ukraine liefern, sondern uns selbst mit den modernsten Waffen ausrüsten“. Morawieckis Worte sollen in der ganzen Welt Nachhall gefunden haben. Einige westliche Medien hätten sogar über die Möglichkeit eines Bruchs des polnisch-ukrainischen Bündnisses berichtet.

Geht es nach dem Politologen Rafał Chwedoruk an der Universität Warschau, seien die jüngsten Schritte der Regierung hundertprozentig im Widerspruch zu ihrer seit Jahren verfolgten Politik gegenüber der Ukraine. Im Gespräch mit dem Online-Blatt erklärt der Professor, die Regierungspartei befürchte mit ihrer nervösen Reaktion mehr als eine Abwanderung von Wählern zu einer anderen Partei, ihre Wahlabwesenheit aufgrund der Enttäuschung über den fehlenden Marktschutz für einheimische Produzenten.

Das Problem stecke aber viel tiefer. Seiner Ansicht nach habe die Regierung schon von Anfang an einen falschen Ansatz in ihren Beziehungen zur Ukraine verfolgt. Die PiS habe gleich zu Beginn des Krieges völlig falsche Diagnosen gestellt – und das trotz des offensichtlichen Zusammenstoßes der wirtschaftlichen Interessen mit dem ukrainischen Staat. Hinzu komme die Geschichtspolitik der Ukraine. Dazu gehöre die mangelnde Abrechnung mit dem Verbrechen, das ukrainische Nationalisten 1943-1944 in Wolhynien an der polnischen Bevölkerung begangen haben. Gleichzeitig erinnert der Politikwissenschaftler daran, dass gerade die Geschichtspolitik der Augapfel der Partei Recht und Gerechtigkeit sei. Trotzdem hätten die Regierenden lange Zeit überhaupt nicht auf die Untätigkeit des ukrainischen Staates reagiert, heißt es. Staat dessen hätten sie kritische Stimmen im Land zum Schweigen gebracht. Dieses Thema hätte allerdings für die Wählerschaft der Regierungspartei eine große Bedeutung. Eine Überrepräsentation von Wählern der Partei Recht und Gerechtigkeit lebe in Gebieten, in denen viele Polen zum Opfer des Terrors ukrainischer Nationalisten fielen.

Wie Professor Chwedoruk zum Schluss hervorhebt, breche die Umkehrung der bisherigen politischen Linie auch mit der bisherigen Darstellung der wachsenden internationalen Stellung Polens. Geht es nach ihm, sei das symbolische Ende der Ostpolitik der PiS die Unterstützung von Präsident Selenskyj für einen ständigen deutschen Sitz im UN-Sicherheitsrat. Die Hoffnung der PiS, dass der russisch-ukrainische Krieg zu einem starken Bedeutungszuwachs Polens und einer Schwächung Deutschlands führen würde, habe sich somit als vergeblich erwiesen, so der Politikwissenschaftler im Gespräch mit Dziennik.

Wprost: Was denken die Polen über das Höchstalter von Abgeordneten?

Das Nachrichtenportal des Wochenblatts Wprost hat die Polen befragt, was die Altersgrenze der Kandidaten für die Wahlen zum Sejm sein sollte. Die Umfrage habe ergeben, dass die meisten, und zwar 43 Prozent, das Höchstalter bei 60 Jahren sehen. Dieses Alter würden in der laufenden Legislaturperiode 175 Abgeordneten überschreiten, lesen wir.

Wären die Ergebnisse der Umfrage gültig, würden der Parteiführer der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit Jarosław Kaczyński und Oppositionsführer Donald Tusk, die jeweils 74 und 66 Jahre alt sind, nicht im Sejm sitzen. Nach Ansicht von 22 Prozent der Befragten sollten Personen unter 65 Jahren für den Sejm kandidieren dürfen. 13 Prozent der Befragten seien der Meinung, dass die Altersgrenze bei 70 Jahren liegen sollte. Nur 2 Prozent würden die Altersgrenze bei 75 Jahren festlegen. 1 Prozent würde Personen mit über 80 Jahren nicht für den Sejm kandidieren lassen. 20 Prozent der Polen seien dagegen der Meinung, dass es keine Altersgrenze geben sollte.

Anfang September wurden die Listen der verschiedenen Parteien für die am 15. Oktober stattfindenden Parlamentswahlen registriert. Eine der Bedingungen war, dass jeder Kandidat spätestens am Wahltag 21 Jahre alt sein muss. Eine Altersobergrenze gibt es in Polen nicht. Die älteste Abgeordnete der auslaufenden Legislaturperiode ist Iwona Śledzińska-Katarasińska von der oppositionellen Bürgerkoalition, schreibt Wprost. Die heute 82-jährige Politikerin kandidiert seit 1991 ununterbrochen und wurde jedes Mal in den Sejm gewählt.

Autor: Piotr Siemiński