Manipulation: „Deutsche fordern Wiederaufnahme der Gaskäufe in Russland“
Illustration von aussiedlerbote.de, anews.az, worldwidelawyers.co.ua

Manipulation: „Deutsche fordern Wiederaufnahme der Gaskäufe in Russland“

Das Energiethema ist eines von Lieblingsthemen russischer Propagandisten. Verärgert über die Tatsache, dass die verantwortungsvolle Haltung der EU-Länder gegenüber dem Kauf von Gas aus dem Aggressor-Land nicht zum „Einfrieren Europas“ geführt hat und es für Russland derzeit schwierig ist, neue Käufer zu finden, versuchen die Eigentümer des Kremls, dies zu tun zum zweiten Mal vor Beginn der Heizsaison, um durch den Mund ihrer Mittelsmänner in den Medien und Parlamenten Panik zu säen.

Das bekannte polnische Populisten-Portal Lega Artis veröffentlichte das Material unter dem Originaltitel „Deutschland ruft zur Wiederherstellung von „Segen“ auf“.

Es ist auf den ersten Blick schwer zu verstehen, was gemeint ist – aus dem Text geht jedoch hervor, dass es sich bei dem „Segen“ um nichts anderes als … russisches Gas handelt. Ein solcher Originalstatus wurde ihm jedoch nicht von den Autoren des Artikels, sondern vom „Fraktionsvorsitzenden“ der Partei „Alternative für Deutschland“, Anton Baron, von einem Interview mit „Die Zeit“. Baron glaubt, dass der Übergang zu erneuerbaren Energien das Land nicht retten, sondern im Gegenteil Deutschland in eine Abhängigkeit von anderen bringen wird und dass die Versorgung mit russischem Gas die Garantie für die Energiestabilität des Landes sein wird.

Hier handelt es sich natürlich nicht um eine Fälschung, denn Baron machte  tatsächlich eine solche Replik, die Lega Artis korrekt nachgebildet hat. Vielmehr geht es um Manipulation, worauf die Überschrift „Deutschland ruft“ hinweist. Es ist seit langem kein Geheimnis mehr, dass Russen gerne die Meinung einzelner Persönlichkeiten äußern – nicht nur von Politikern, sondern sogar von gewöhnlichen Internetnutzern! – für die Positionen ganzer Völker oder Staaten. Bei dieser Gelegenheit wurde sogar das lokale Meme „Die Bulgaren waren begeistert“ („Болгары восхитились“) im Russischen Internet geboren, was auf die häufige Verwendung des entsprechenden Ausdrucks in den Schlagzeilen von Propaganda-Medienartikeln anspielte, wonach die oben genannte „Bulgaren“ angeblich von den „Errungenschaften“ der russischen Automobilindustrie oder anderen High-Tech-Bereichen bewundert wurden.

In diesem Fall wurde die Position „Deutschlands“ als Aussage eines einzigen Politikers bezeichnet, dem aus Glaubwürdigkeitsgründen auch eine notorisch falsche Position zugewiesen wurde. Aus der Formulierung der Autoren kann es scheinen, dass Anton Baron zumindest der Vorsitzende der Fraktion von „Alternative für Deutschland“ im Bundestag ist, doch die Realität ist viel trivialer: Er ist nur der Vorsitzende der Fraktion von „Alternative“ im Landtag des Landes Baden-Württemberg (übrigens ist diese Fraktion dort gemessen an der Zahl der Abgeordneten die kleinste).

Ohne die Absicht, auf ad hominem-Argumente zurückzugreifen, ist es natürlich erwähnenswert, dass Baron zu den Russlanddeutschen gehört und in der kasachischen Stadt Taras (ehemals Dschambul) geboren wurde. Er wurde ziemlich heftig dafür kritisiert, dass er mit Personen kooperierte, die in den 1990er Jahren nachweislich an der Organisation einer internationalen Gruppe von Rechtsradikalen beteiligt waren, als sie in Österreich einflussreiche Positionen innehatten. Natürlich war Baron persönlich damals noch minderjährig, aber angesichts der populistischen Positionen der „Alternative für Deutschland“ ist die Anwesenheit solcher Personen im unmittelbaren Umfeld des Abgeordneten durchaus kein Zufall.

Diese Manipulationsepisode ist relativ leicht zu widerlegen und kann als interessantes „Anschauungsmaterial“ für jeden dienen, der sich für den Kampf gegen Fakes interessiert.

Bohdan Myronenko 

Das Material wurde im Rahmen des Projekts „Stop Lie“ des „Wohltätigen Fonds der Polnisch-Ukrainischen Partnerschaft“ im Rahmen des Projekts „Urgent EU Support for Civil Society“ erstellt, das vom ISAR Ednannia mit der finanziellen Unterstützung der Europäischen Union umgesetzt wird. Der Inhalt liegt in der alleinigen Verantwortung des Autors und spiegelt nicht unbedingt die Position der Europäischen Union wider.

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Isar Ednannia European Union in Ukraine Благодійний фонд польсько-українського партнерства